In den rauen Straßen des Brüsseler Viertels Saint-Josse-ten-Noode – eines der ärmsten in Belgien – ragt der glänzende Madou-Turm in den Himmel. Darin residiert die Generaldirektion Wettbewerb (DG COMP), jene EU-Behörde, die Großkonzerne im Zaum hält und über milliardenschwere Staatshilfen wacht.
Ganz oben, in Belgiens fünfthöchstem Gebäude, steht derzeit ein Stuhl leer. Der Kreis der Bewerberinnen und Bewerber für die Nachfolge des in den Ruhestand gegangenen Olivier Guersent hat sich auf nur noch wenige Namen verengt, berichtet Kollegin Anupriya Datta.
Die Ernennung kann für Wirbel sorgen – aus Angst, US-Präsident Trump könnte sein Missbehagen kundtun, da er sich regelmäßig echauffiert, wenn Brüssel Milliardenstrafen gegen US-Tech-Giganten verhängte.
Wer den Top-Posten übernimmt, muss sich mit Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera arrangieren – sie gilt als deutlich zurückhaltender in der Durchsetzung des Kartellrechts als ihre Vorgängerin Margrethe Vestager und steht in der Kritik: zu langsam bei Fusionsreformen, zu sehr auf den Nahen Osten fixiert.
Als mögliche Nachfolger kursieren Namen wie Anthony Whelan, Céline Gauer, Ditte Juul Jørgensen und Guillaume Loriot (nicht verwandt mit dem deutschen Humoristen). Doch am Ende könnte auch ein kompletter Außenseiter das Rennen machen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dürfte indes längst eine Vorstellung haben, wer den Job bekommt – schließlich hatte einst ihr Vater, Ernst Albrecht, denselben Posten inne - die europäische Albrecht-Dynastie.
Exklusiv: Frontex soll Drohnenabwehr übernehmen
Die EU-Staaten erwägen, der Grenzschutzagentur Frontex neue Befugnisse zu geben, um den Luftraum der Union zu schützen und hybride Bedrohungen abzuwehren. Das geht aus Dokumenten hervor, die Euractiv vorliegen. Am Wochenende kreisten Drohnen unbekannter Herkunft über einem belgischen Militärstützpunkt.
Die Debatte zeigt, dass in den Hauptstädten das Interesse wächst, das Mandat von Frontex an die sich wandelnde europäische Sicherheitslage anzupassen. Wenige Monate zuvor hatte die Agentur eine an die NATO angelehnte Befehlskette eingeführt.
Eine Überprüfung des Frontex-Mandats ist für das kommende Jahr geplant; die EU-Staaten wollen das Thema bei einem Treffen am 5. November auf die Tagesordnung setzen.
Klimakompromiss in Sicht
Die Umweltminister der EU dürften sich am Dienstag endlich auf die Klimaziele für 2040 einigen, berichtet Kollege Nikolaus J. Kurmayer. Mehrere mit den Gesprächen vertraute Quellen sagten, Frankreich – das lange gegen das von EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra vorgeschlagene Ziel einer 90-prozentigen Emissionsminderung opponiert hatte – sei nun bereit, zuzustimmen.
Nach Zugeständnissen bei der Verlagerung von Emissionen ins Ausland und neuen industriepolitischen Stützmaßnahmen – etwa den EU-Schutzmechanismen für die Stahlindustrie – bekam Paris am Samstag ein weiteres Entgegenkommen: eine Sonderklausel („Notbremse“) für Europas schwächelnde Wälder, deren geringere CO₂-Aufnahme auf das Gesamtziel angerechnet wird.
Hoekstra zeigte sich am Wochenende „zuversichtlich“, dass ein Kompromiss gelingt – auch wenn die Gespräche noch scheitern könnten. Eine Einigung auf das 2040-Ziel würde zudem den Weg freimachen für die überfällige Bestätigung des UN-verankerten EU-Ziels für 2035 – Monate später als geplant, aber rechtzeitig zum Weltklimagipfel in Brasilien in der kommenden Woche.
EU-Abgeordnete wollen Mercosur-Abkommen vor Gericht bringen
Eine parteiübergreifende Gruppe von Europaabgeordneten um die Grünen Majdouline Sbaï und Saskia Bricmont will das geplante EU-Mercosur-Handelsabkommen vor dessen erwarteter Unterzeichnung in Brasilien rechtlich überprüfen lassen, berichtet Sofia Sanchez Manzanaro.
Ihr Antrag, über den am 24. November abgestimmt werden soll, zielt auf ein Gutachten des Europäischen Gerichtshofs, ob das Abkommen gegen EU-Verträge verstößt – ein Schritt, der die Ratifizierung jahrelang verzögern könnte.
Die Initiative, die voraussichtlich Unterstützung von Skeptikern quer durch die Fraktionen und aus Mitgliedstaaten wie Frankreich und Irland erhält, spiegelt wachsende Bedenken über das sogenannte „Rebalancing“ wider. Kritiker befürchten, dass es die Fähigkeit der EU einschränken könnte, künftig strengere Umwelt- oder Gesundheitsvorschriften einzuführen.